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Warum sich viele für ein Freelancer-Dasein entscheiden

Freiberufler:innen, Freelancer:innen, Selbstständige – auch wenn sich die drei Begriffe im Detail unterscheiden und schon rechtlich verschiedene Bedeutungen und Eigenschaften haben, beschreiben sie allesamt eine Art des Arbeitens, die sich in vielen Bereichen der Kreativwirtschaft und bei IT-Dienstleistungen immer mehr durchsetzt. Menschen arbeiten ohne Anstellung und auf eigene Rechnung – oftmals ohne eigene Mitarbeitende oder nur in Ausnahmefällen mit zuarbeitenden Kräften. Im Jahr 2021 waren 3,8 Prozent aller Erwerbstätigen im Alter von 15 bis 64 Jahren Selbständige ohne weitere Mitarbeiter. Bei den Frauen lag der Anteil der Solo-Selbstständigen bei 3,4 Prozent, bei den Männern bei 4,2 Prozent.

Tendenziell sind es übrigens eher die älteren Berufstätigen, die selbstständig arbeiten – somit auch eher viele erfahrene Fachkräfte. Besonders viele Freelancer:innen gibt es unter den 13 Millionen IT- und Tech-Fachkräften in Europa. Hier arbeitet bereits jede:r Fünfte frei und mehr oder weniger variabel auf eigene Rechnung.




Für wen ist das Freelancer-Leben geeignet und wer tut sich damit schwer?

Das Freelancer:innen-Dasein birgt eine Reihe von Risiken, kann aber auch zu höheren Einkünften führen als im Angestelltendasein. Und es bringt – nicht zuletzt – den Freelancer:innen in vielen Fällen mehr Gestaltungsspielraum und Zufriedenheit mit ihrem Job. Doch grundsätzlich ist nicht jede:r für selbstständiges Arbeiten gleichermaßen geeignet. Denn dazu gehört zum einen viel Selbstdisziplin und Organisationstalent, zum anderen auch die Resilienz, sich in vielen Fällen schnell auf verschiedene Unternehmenskulturen und Kund:innen einzustellen. Hinzu kommt, dass man sich beim Verhandeln leichter tut, wenn die finanzielle Situation nicht ganz prekär ist.

Dennoch sieht etwa Tatjana Wiedemann, die frei als Business-Transformation-Expertin arbeitet, vor allem die Vorteile an der Arbeitsweise: „Ich schätze sehr, dass ich als Freelancerin auf Augenhöhe mit den Kund:innen viel schneller Veränderungen gestalten kann. Ich arbeite an komplexen Problemen und trage einen wichtigen Teil zur Teamdynamik bei, habe aber nicht mit interner Unternehmenspolitik zu kämpfen. Dazu gesellen sich Vorteile wie hohe Flexibilität und Autonomie.“ In der Tat merken Selbstständige, die nicht in sämtlichen Teamprozessen involviert sind, das Angestelltendasein aber aus der Vergangenheit kennen, wie viel Zeit sie gewinnen können, wenn sie nicht an jedem Meeting einer Abteilung teilnehmen müssen. Umgekehrt ergeben sich daraus aber auch Nachteile: Man muss zum einen stets auf dem Sprung sein, um die entscheidenden Informationen fürs eigene Arbeiten zu erhalten, ist aber zum anderen dadurch oftmals nur so halb Teil des Teams. Das kann auf Dauer nerven, ist aber der Preis dafür, dass man einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag mit vielen unterschiedlichen Auftraggeber:innen hat.




Kein Job, dann werde ich halt Freelancer – kann das gut gehen?

In der Tat gründen viele Selbstständige aus der Arbeitslosigkeit heraus. Doch es ist eine schlechte Idee, die Selbstständigkeit als Notlösung anzustreben, wenn du nicht der Typ dafür bist. Denn zum einen schielt man dann immer noch nach der Festanstellung und kommt nicht wirklich als Freelancer:in an, zum anderen setzt das Freelancer:innen-Dasein einiges an Vorbereitung, Erfahrung in einem bestimmten Beruf und ein gutes eigenes Netzwerk voraus.

Umgekehrt ist es aber gut zu wissen, dass die Bundesagentur für Arbeit Gründer:innen, die noch einige Wochen Anrecht auf Arbeitslosengeld (ALG1) haben, mit dem Gründungszuschuss unterstützt, der in der Weiterzahlung des Arbeitslosengeldes und einer Versicherungspauschale besteht. Dazu ist es allerdings erforderlich, dass man ein tragfähiges Konzept mit Businessplan für die Selbstständigkeit präsentiert und die Arbeitsagentur einen hierfür für geeignet hält. Gute Chancen hat man damit in all jenen Berufen, in denen es nicht reichlich freie Stellen für Festanstellung gibt. Denn all das setzt voraus, dass die Arbeitsagentur das gerade im zweiten Halbjahr knappe Geld bewilligt.




Selbstständigkeit in der Krise starten – eine gute Idee?

So viel vorweg: Es gibt nicht den idealen Startzeitpunkt für ein Freelancer:innen-Dasein. Oder zumindest keinen, der pauschal für alle Selbstständigen gilt. Denn einerseits sind die aktuellen Krisen zwischen Rezession und Lieferkettenengpässen ein stetiger Quell an Unsicherheit in den Unternehmen, andererseits haben aber gerade die Kündigungen in vielen Umfeldern nicht dazu geführt, dass die Arbeit weniger geworden ist. Freelancer:innen werden daher gerne beschäftigt, um flexibel die Mehrarbeit abfedern zu können. Mehr noch: Viele Unternehmen vergeben Arbeit lieber an spezialisierte Fachkräfte auf Projekt- und Honorarbasis als hierfür befristete oder unbefristete Anstellungen einzugehen. Dennoch wäre es zu kurz gegriffen, Angestellte gegen Freelancer:innen auszuspielen, wie dies in der Vergangenheit immer mal wieder Gewerkschaften und Berufsverbände versucht haben. Denn beide Gruppen haben ihre Daseinsberechtigung und ergänzen sich im besten Falle.

Eine gute Idee kann es aber auch sein, neben der Festanstellung in Teilzeit als Freelancer:in zu arbeiten – zum einen, um auf diese Weise die andere Arbeitsweise kennenzulernen und für sich auszuprobieren, zum anderen aber auch (gerade als Ernährer:in einer Familie), um nicht von einem auf den anderen Tag komplett ins kalte Wasser zu springen. Übrigens sind viele Freelancer:innen durchaus auch flexibel – und haben etwa ein regelmäßiges Standbein einer Teilzeit-Festanstellung oder fest-freien Tätigkeit. Denn es bringt beispielsweise Vorteile beim Verhandeln freier Projekte und der hierfür zu zahlenden Honorare.




Woher bekommen Freelancer ihre Aufträge?

Die meisten Freelancer:innen arbeiten vor allem mit einem Netzwerk an Beziehungen. Diese stammen oft noch aus ihrer Zeit als Angestellte, aus Berufsverbänden oder aber aus berufsübergreifenden Auftragsnetzwerken wie dem BNI-Netz. Wer gut im Geschäft ist und über ein über die Jahre gewachsenes Netzwerk verfügt, wird in vielen Fällen sogar eher entscheiden müssen, welche Aufträge er aktuell nicht mehr annehmen kann – oder zeitlich schieben muss. Anders als beim Angestellten kommen die Aufträge nämlich oftmals geballt saisonal, etwa rund um Branchenveranstaltungen oder vor bestimmten Zeitpunkten. Gerade das Nein-Sagen ist daher eine Fähigkeit, die Selbstständige oftmals erst lernen müssen.

Grundsätzlich können Selbstständige ihre Aufträge auch über einen Marktplatz oder eine Projektbörse wie Malt, Freelancermap, Upwork oder 99Designs vermittelt bekommen. Interessanterweise sind die Preise, die hier erzielt werden können, gar nicht unbedingt niedriger als jene, die der oder die Freelancer:in auf eigene Faust erreicht – insbesondere wenn man die damit verbundenen Akquisitionszeiten berücksichtigt. So liegt etwa bei Malt der durchschnittliche in Deutschland erzielte Tagessatz bei 668 Euro und Kommunikationsberater kommen hier etwa auf durchschnittliche 767 Euro. Hinzu kommen für das beauftragende Unternehmen entsprechende Provisionen, die sich nach dem gebuchten Service richten, etwa ob und wie schnell die Plattform adäquaten Ersatz liefert, wenn die Zusammenarbeit doch nicht klappt.




Wie verhindern alle Beteiligten das Risiko der Scheinselbständigkeit?

Das Thema Scheinselbständigkeit ist – auch durch unklare rechtliche Vorgaben – ein Damoklesschwert, das über vielen schwebt. Erst einmal kommt es hier auf das Gesamtbild an: Hat der oder die Freelancer:in viele verschiedene Auftraggeber:innen, erfolgt die Arbeit einigermaßen weisungsungebunden an frei wählbaren Orten und mit dem eigenen Equipment der Selbstständigen? Wie unabhängig ist er oder sie in der Urlaubsplanung, in der Einteilung der Arbeitszeit? Das sind nur einige Fragen, die Arbeitgeber:innen mit entsprechenden Fragebögen regelmäßig abklopfen sollten. Dirk Henke, General Manager Deutschland beim digitalen Freelance-Marktplatz Malt, gibt zu bedenken, dass Scheinselbstständigkeit immer noch ein Problem für die Unternehmer darstellen kann. „Als Lösungsansatz braucht es ein neues Verständnis von Freelancing, welches Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und Unternehmertum priorisiert. Ich sehe in erster Linie die Behörden und die Politik in der Verantwortung, etwas zu ändern.“ Die Politik müsse in enger Abstimmung mit den Freelancer:innen und Entscheidungsträger:innen in den Unternehmen an einem Rechtsrahmen arbeiten, „der die Freiberuflichkeit für alle Beteiligten lohnend, einfach und sicher macht“.




Warum entscheiden sich immer mehr Unternehmen dafür, Freelancer zu beschäftigten?

Grundsätzlich kommt das wachsende Angebot an Selbstständigen in unterschiedlichen Berufsfeldern vor allem auch den Unternehmen zugute, die händeringend nach Arbeitskräften suchen. Das hat einerseits mit den sich wandelnden Ansprüchen der Firmen zu tun. Denn gerade bei speziellen Aufgaben lohnt es sich oftmals nicht, für ein einzelnes Projekt eine Fachkraft anzustellen, insbesondere wenn der Umfang des Projekts sowie dessen Dauer noch nicht klar ist. Andererseits sind viele Unternehmen auch mit der Notwendigkeit konfrontiert, trotz des Fachkräftemangels ihr Geschäft weiterzuentwickeln.

„Die flächendeckende Digitalisierung wird nur mit Freelancer:innen funktionieren“, glaubt  Dirk Henke von Malt. Die 2013 gegründete Plattform vermittelt Freelancer:innen an Unternehmen und bietet dazugehörige Services an. Und in rund zwei von drei Unternehmen arbeitet man mit Freelancer:innen vor allem auch deswegen zusammen, um in Hochzeiten zusätzliche Kapazitäten zu schaffen oder in der Urlaubszeit der Angestellten mit der nicht weniger werdenden Arbeit zurande zu kommen.




Was müssen Unternehmen beachten, wenn sie Freelancer beschäftigen wollen?

Grundsätzlich sind Freelancer:innen gerade in der aktuellen Marktphase selbstbewusst. Laut einer Studie von Malt schätzen 91 Prozent ihre Unabhängigkeit und 86 Prozent die damit verbundenen flexiblen Arbeitszeiten. Sie arbeiten – erwartungsgemäß – überdurchschnittlich oft und lange von zu Hause aus und schätzen in 78 Prozent der Fälle das abwechslungsreiche Arbeitsleben, das sie führen. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie mit Freelancer:innen nur dann erfolgreich arbeiten können, wenn sie sie nicht als angestelltenähnlich betrachten oder führen wollen. Umgekehrt bekommen Vorgesetzte so aber besonders flexible Mitarbeitende, die Projekte auch deswegen bereichern, weil sie Einblicke aus früheren Tätigkeiten und anderen Unternehmen einbringen.

In der Führung sind Selbstständige in vielerlei Hinsicht ähnlich zu sehen wie Angestellte, die remote im Homeoffice sitzen. Auch hier kannst du als Auftraggeber:in nicht immer sehen, wer wann was tut, musst auf die Selbstorganisation und Eigenverantwortung vertrauen, wirst aber gegebenenfalls mit zufriedenen und motivierten Menschen arbeiten.




Was kann man als Freelancer tun, um eine gute Außenwirkung zu erreichen?

Es klang bereits mehrfach an: Das A und O ist für eine:n Freelancer:in die Außenwahrnehmung und Werbung. So wie der lokale Selbstständige Werbung vor Ort macht, müssen Freelancer:innen in der Kreativ- oder IT-Wirtschaft im Netz auf sich aufmerksam machen. Die eigene Website und der Linkedin-Auftritt sind hier nur der erste Schritt. „Um sich von der Konkurrenz abzuheben, gilt es, eine eigene Personal Brand aufzubauen. Diese besteht aus der Positionierung als Branchenexpert:in und der Art und Weise, wie Freelancer:innen ihr Angebot an potenzielle Kund:innen kommunizieren“, weiß auch Freelancerin Tatjana Wiedemann.

Auch Freelancer:innen-Marktplätze können dazu beitragen, dass Unternehmer:innen mit einem aussagekräftigen Profil, das die eigene Expertise widerspiegelt, wahrgenommen werden. Allerdings sind diese Segen und Fluch zugleich, denn Selbständige konkurrieren hier mit einer Vielzahl an Gleichgesinnten, sodass Unternehmen oftmals wohl auch nach Tagessatz und Verfügbarkeit aussuchen werden. Wichtig dabei: Freelancer:innen sollten sich hier nicht unter Wert verkaufen, da es ansonsten schwierig wird, den erforderlichen Marktpreis bei anderen Kund:innen durchzusetzen.




Wie flexibel kann man als Freelancer wirklich arbeiten?

Vier-Tage-Woche, Work-Life-Balance, digitales Nomadentum – all das geht als Freelancer:in besonders gut, ist aber zugleich auch besonders schwierig umzusetzen, weil du ja auch Unternehmer:in bist, der oder die sich mehr als jede:r Angestellte nach dem Markt richten muss. Denn in der Praxis braucht es ein gewisses Maß an Resilienz und Selbstbewusstsein, um einem potenziellen Kund:innenunternehmen einen Auftrag abzulehnen, weil man lieber freitags frei hat oder die nächsten acht Wochen in Asien unterwegs sein will. Wichtig ist als Freelancer:in aber auch die Verbindlichkeit gegenüber den Auftraggeber:innen.

Man sieht an diesen Ausführungen, dass die Flexibilität, die viele Menschen inzwischen im beruflichen Umfeld anstreben, gut mit einem Freelancer:innen-Status in Einklang zu bringen ist – insbesondere in Berufsfeldern, in denen Arbeit nicht zwingend zu einer bestimmten Tageszeit zu absolvieren ist. Das bedeutet aber umgekehrt auch, dass man gegenüber den Auftraggeber:innen verbindlich agieren sollte und beispielsweise im besten Fall auch kommuniziert, wann man wie gut zu erreichen ist oder in welchem Zeitrahmen ein:e Auftraggeber:in mit Feedback auf Nachfragen rechnen kann.

Umgekehrt gibt einem ein gut laufendes Freelancing-Geschäft aber auch die Freiheit, die Zusammenarbeit mit einem Unternehmen, mit dem die Chemie nicht so stimmt, auch mal auslaufen zu lassen, ohne gleich wie in der Festanstellung komplett den Job wechseln zu müssen. Und gerade Berufstätige, die familiäre Anforderungen wie Pflege der Eltern oder Betreuung der Kinder mit dem Beruf in Einklang bringen müssen, haben hier gute Karten. Im Gegenzug kann – wenn alles passt – das Freelancer:innen-Dasein aber auch glücklich machen. So sind 87 Prozent der von Malt befragten Freelancer:innen zufrieden und glücklich mit ihrer Karriere und schätzen ihre Unabhängigkeit und Flexibilität (91 und 85 Prozent), dass sie nach den eigenen Werten leben und ein abwechslungsreiches Arbeitsleben führen können (68 und 78 Prozent).

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