Diese Technik soll das Hausklima verbessern
Mutter Natur hat einen großartigen Erfindergeist und so ist es nicht verwunderlich, dass sich auch die moderne Forschung immer wieder von Phänomenen, die in der Natur vorkommen, inspirieren lässt. So gibt es Roboter, die wie Geckos an Wänden und Decken laufen können, und Sprays, die Oberflächen mit dem sogenannten Lotuseffekt versehen, ersparen uns schon längst so manches Geschrubbe der Duschwand.
Entsprechend spannend ist es auch jedes Mal, wenn sich die Forschung eines neuen Naturvorbilds bedient, um die Probleme unseres Alltags zu lösen. Auftritt einer von Chamäleons inspirierten Farbe, mit denen sich Gebäude beschichten lassen, um das Hausklima zu verbessern und dem Klimawandel (indirekt) etwas entgegenzusetzen.
Die Gebäude, in denen wir wohnen und arbeiten, müssen je nach Jahreszeit beheizt oder runtergekühlt werden – und wie wir alle dank der im letzten Jahr extra hohen Energiekostenrechnung wissen, ist das ganz schön kostspielig und verbraucht in der Regel auch noch immer eine Menge fossiler Rohstoffe. Das ist weder nachhaltig noch zukunftsfähig, und die bessere Lösung wäre, dafür zu sorgen, dass sich Gebäude passiv selbst temperieren können.
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Nun gibt es bereits Farben, Folien und ähnliches, die passiv kühlen oder wärmen können – aber eben nicht beides und je nach Bedarf. Um genau diese Lücke zu schließen, hat sich ein Forschungsteam, das in der Fachzeitschrift Nano Letters über seine Studie berichtet, angeschaut, wie in Wüsten beheimatete Chamäleons die Sache mit der Temperaturregelung angehen.
Wie wir alle wissen, können die Schuppenkriechtiere mit den unabhängig steuerbaren Augen und dem gerollten Schwanz ihre Farbe wechseln. Entgegen der landläufigen Meinung tun sie das in erster Linie nicht, um sich zu tarnen, sondern um mit ihren Artgenossen zu kommunizieren – oder eben, um in der lebensunfreundlichen Umgebung der Wüstenregionen Namibias die eigene Körpertemperatur zu steuern. Ist es besonders heiß, erscheint die Haut der sogenannten Namaqua Chamäleons (Chamaeleo namaquensis) hellgrau, um Sonnenlicht zu reflektieren. Wird es kälter, färben sich die Tiere dunkelbraun, um die Hitze der Sonne in sich aufzunehmen.
Die chinesischem Forscher:innen haben sich von dieser einzigartigen Fähigkeit zu einer ebenfalls farbwechselnden Farbe inspirieren lassen, die die passive Temperaturregulierung der Chamäleons auf Gebäude übertragen können soll. Um das zu erreichen, haben sie die chemische Verbindung Kristallviolettlacton mit dem Stoff Bisphenol A kombiniert, sodass ein Farbwechsel je nach Außentemperatur stattfindet.
In ersten Versuchen mit dieser neuen Beschichtung konnte der gewünschte Effekt auch tatsächlich erzielt werden: Bei Temperaturen von über 30 Grad Celsius reflektierte die Farbe rund 93 Prozent des Sonnenlichts; im Winter ließ sich die Innentemperatur allein durch die Beschichtung um 1,2 Grad erhöhen. Der deutlichste Unterschied zu gewöhnlichen Kühl- und Heizsystemen ließ sich aber in Frühjahr und Herbst beobachten, da sich die Farbbeschichtung hier schneller und effektiver auf die wechselnden Temperaturen im Laufe eines Tages anpassen konnte.
Die Forscher:innen gehen von einer möglichen Energieersparnis von rund 20 Prozent aus, die mithilfe ihrer Farbe erzielt werden könnte. Allerdings ist die von ihnen entwickelte Beschichtung noch Jahre von der Marktreife entfernt. Die Aussicht auf Hausdächer und -fassaden, die mit der Temperatur ihre Farbe wechseln, um Energie zu sparen, ist aber in jedem Fall spannend.