Das ist Qualcomms „M2-Chip“ für Windows

Im Zuge von Qualcomms Hausmesse, die seit einigen Jahren auf Hawaii stattfindet, hat der Halbleiterentwickler den Snapdragon X Elite vorgestellt. Es ist das erste System on a Chip (SoC), das eine Oryon-CPU an Bord hat und auf einer eigenen ARM-Chiparchitektur basiert. Laut Hersteller wurde das SoC mit Fokus auf KI entwickelt und ist in der Lage, „generative KI-Modelle mit über 13 Milliarden Parametern auf dem Gerät ausführen zu können“. Auch in puncto Leistung und Energieeffizienz soll der neue Chip die (Windows-)Konkurrenz übertreffen. Durchgesickerte Benchmarks deuten auf ein Leistungsniveau auf Höhe von Apples M2-Chips.

Qualcomm beschreibt den Elite X Pro „als den leistungsstärksten, intelligentesten und effizientesten Prozessor seiner Klasse für Windows“. Er wird im Vier-Nanometer-Verfahren gefertigt und besitzt insgesamt zwölf CPU-Kerne, die mit bis zu 3,8 Gigahertz getaktet sind. Je nach Leistungsanforderungen können die Kerne hinzugeschaltet werden und laufen daher nicht alle permanent.

Beim Videotranscoding können etwa mehr Kerne aktiviert werden als bei weniger anspruchsvollen Aufgaben. Im sogenannten Dual-Core-Boost erreichen die Kerne bis zu 4,3 Gigahertz, so der Hersteller. Diese Funktion soll etwa Apps schneller starten lassen. Beim CPU-DDR5X-Speicher soll der Elite X Pro Datenraten von bis zu 136 Gigabit pro Sekunde liefern, der Cache ist 42 Megabyte groß, so Qualcomm.

In puncto Leistung spricht Qualcomm von einer bis zu doppelt so hohen CPU-Performance wie ein Zwölf-Kern-Chip von Intel. Ferner sagt Qualcomm, dass der Chip bei gleicher Maximalleistung 68 Prozent weniger Energie verbrauche. Im Vergleich zu Apples M2-Chip soll der Elite X Pro im Multi-Thread eine 50 Prozent schnellere Peak-Performance liefern, was für einen Windows-Chip durchaus bemerkenswert ist. Qualcomm spricht dank der Energieeffizienz von Notebooks „mit einer Akkulaufzeit von bis zu mehreren Tagen“.

Auch die integrierte GPU ist laut Hersteller leistungsfähiger als die der Konkurrenz: Sie liege doppelt so hoch wie bei einem Intel-i7-13800H, während der Energieverbrauch 74 Prozent geringer sei. Bei KI-Aufgaben, die unter Windows bekanntlich immer mehr Raum einnehmen, soll die KI-Engine 75 TOPS (Trillion Operations per Second) erreichen; die KI-Performance des Elite X Pro übertreffe aktuelle Windows-Chips um dem Faktor 100 mit 45 TOPS, so Qualcomm.

Abseits der hohen Rechenleistung, der starken Energieeffzienz und der KI-Leistung spricht Qualcomm außerdem von Sensoren, die bislang eher in Smartphone-Chips verbaut waren: Mit dem Qualcomm-Sensing-Hub bietet der Chip Support für diverse Always-on-Funktionen und kann auf Mikrofone, Kamera und mehr zugreifen. Laut Qualcomm verlassen die Daten der Always-on-Kamera und der Mikrofone das Gerät nicht; alles werde ausschließlich lokal innerhalb des Sensing-Hubs verarbeitet.

Außerdem sind Support für Wi-Fi 7, 5G und Lossless-Immersive-Audio an Bord des SoC. Zudem gehören Snapdragon Seamless und Chip-to-Cloud-Security zur Ausstattung. Bei der Seamless-Funktion handelt es sich um „eine plattformübergreifende Technologie, die die nahtlose Verknüpfung mehrerer Geräte über mehrere Betriebssysteme hinweg ermöglicht“, erklärt Qualcomm.

Einige Hersteller (und Plattformen) haben sich bereits verpflichtet, die neue Schnittstelle zu nutzen. Laut Qualcomm sind Microsoft, Android, Xiaomi, Asus, Honor, Lenovo und Oppo an Bord, „um Multi-Device-Erlebnisse zu schaffen, die durch Snapdragon Seamless ermöglicht werden“.

Bis erste Geräte mit dem neuen Snapdragon-PC-Chip auf den Markt kommen, wird es noch eine Weile dauern. Denn laut Qualcomm geht es erst Mitte 2024 los. Einen konkreten Grund für den verzögerten Start nannte Qualcomm im Vorabbriefing nicht. Angesichts dessen, dass Microsoft derzeit an einer neuen Windows-Version arbeitet, die einen stärkeren Fokus auf KI und ARM haben soll, wäre der späte Marktstart durchaus sinnvoll.

Zudem läuft derzeit noch ein Rechtsstreit zwischen Qualcomm und ARM, bei dem es um die Nutzungsrechte der von Nuvia übernommenen Lizenz geht, mit der eigene ARM-Chips à la Apple entwickelt werden dürfen. Laut ARM hätte Qualcomm besagte Rechte zur Weiterverwendung der Nuvia-Lizenz mit der Übernahme nicht erhalten. Angesichts des anhaltenden Rechtsstreits klingt es so, als sei die Zukunft der Oryon-Chips in der Schwebe.