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Warum wir gerade jetzt den Journalismus brauchen

„Sagen, was ist“ ist der Leitspruch für Journalist:innen, wenn es nach dem ehemaligen Spiegel-Verleger Rudolf Augstein geht. Mit seiner Suche nach der Wahrheit und als Kontrollinstanz gegenüber Machthabenden erfüllt der Journalismus eine wichtige öffentliche Aufgabe. Es geht dabei nicht nur um das reine Übertragen von Informationen, sondern auch darum, Missstände und Skandale aufzudecken, die gesellschaftlich relevant sind.

Auch wenn nicht alle Journalist:innen täglich großen Skandalen auf der Spur sind, leisten sie wichtige Arbeit für die öffentliche Meinungsbildung. Sie informieren und erklären – und das nach journalistischen Standards. Damit nehmen sie die Rolle einer „Vierten Gewalt“ im System der staatlichen Gewaltenteilung ein. Anders als die gesetzgebende, ausführende und juristische Gewalt sind die Massenmedien allerdings eine externe Säule, die eine Kontrollfunktion über die anderen ausüben, um Machtmissbrauch zu verhindern.

Dabei folgt die Arbeit von Journalist:innen festgelegten Standards. Die Berufsethik verpflichtet Journalist:innen laut Presserat dazu, dass sie

  • sorgfältig recherchieren,
  • vertrauensvoll mit Informationen umgehen,
  • unparteiisch sind,
  • sachlich argumentieren,
  • alle Seiten einbeziehen,
  • unbestechlich und unabhängig sind.

Besonders streng sind die Vorgaben für Finanzjournalist:innen, die mit ihren Berichten und Analysen Aktienkurse beeinflussen können. Dabei geht es nicht nur um Straftaten wie das Verwenden von Insider-Informationen für Investments, sondern auch um Empfehlungen des Pressekodex. Zum Beispiel sollten Journalist:innen eine Einzelaktie, über die sie berichten, zwei Wochen vorher und zwei Wochen nachher nicht selbst handeln.




Wer berichtet über das Web3?

Upgrades an einer Blockchain, der Launch eines neuen Projektes, Hacks und Pleiten von Kryptofirmen: Im Web3 passiert viel. Täglich. Darüber berichten jedoch nicht die großen Medienhäuser – zu nischig sind die Themen, zu branchenspezifisch, zu irrelevant für Menschen, die noch nichts von NFT, Blockchain und Co. gehört haben.

Der Informationsfluss für Brancheninsider läuft stattdessen über Newsletter, Podcasts, Videos, Artikel und Social-Media-Posts. Gemacht von Menschen, die meist aus der Web3-Welt kommen und Informationen weitergeben wollen. Die meisten dieser Quellen informieren aktuell und korrekt. Doch der überwiegende Teil handelt nicht nach journalistischen Standards.

Das muss kein Nachteil für das Publikum sein. Allerdings sollte ihm bewusst sein, dass diese Informationsquellen auch die Freiheit haben, Kooperationen mit Firmen einzugehen und Werbung zu machen. Außerdem gibt es hier keine Kontrollinstanz, die dafür sorgt, Fakten und Meinung trennscharf auseinanderzuhalten.




An wen richten sich die Informationen?

Inhalte über das Web3 lassen sich in zwei Kategorien aufteilen: Insider-Inhalte und Outsider-Inhalte. Insider-Inhalte sind für Web3-Natives gemacht, also Menschen, die aus der Branche kommen und viel Vorwissen mitbringen. Sie wollen sich über Neuigkeiten aus der Branche informieren – tiefgehend, aktuell, detailliert, vielleicht auch unterhaltend. Tägliche Newsletter, ausführliche Interview-Podcasts oder Videos stillen diesen Wissensdurst.

Wie sieht es bei Menschen außerhalb der Branche aus? Wenn sich Outsider, zu denen die Mehrheit der Bevölkerung zählt, über die Branche informieren wollen, müssen sie angemessen abgeholt werden. Wer erst wenige Berührungspunkte mit Blockchain-Themen hatte, dem fehlt das Grundwissen und der aktuelle Diskussionsstand, um das zu verstehen, was Web3-Natives anspricht.

Konkret bedeutet das, dass Outsider-Inhalte Fachwörter erklären, Hintergründe mitliefern und Eigenheiten der Branche aufklären sollten. Wer sich an diese Zielgruppe richtet, veröffentlicht eher anlassbezogen über Trends und Tendenzen. Hier wird oft hinterfragt, was die neue Technologie kann und ob die aktuellen Auswüchse ihrer Entwicklung Gefahren für unbedarfte Personen bergen könnten.

Insider-Inhalte werden häufig von brancheninternen Personen produziert, was erklärt, dass wir hier tendenziell wenige professionelle Journalist:innen antreffen. Reichweitenstarke Outsider-Inhalte hingegen stammen häufig von Journalist:innen. Das liegt daran, dass diese Berichterstattung häufig wahrgenommen wird, da sie von großen Medienhäusern kommt, die das Vertrauen des Publikums genießen.




Warum sind Outsider-Inhalte wichtig?

Outsider-Inhalte werden von Brancheninsidern oft kritisch beäugt. Hat die Autorin oder der Autor fachlich alles korrekt wiedergegeben? Welches Licht wird hier auf die Branche und Projekte wie meines geworfen? Verständlich, denn wer durch seine Arbeit oder eine eigene Unternehmensgründung daran interessiert ist, dass die Web3-Branche aufstrebt, liest nur ungern Berichte, die die eigenen Überzeugungen und Zukunftsvisionen infrage stellen. Ein nicht zu unterschätzender Punkt, denn gerade diese neue Branche lebt von Zukunftsversprechen.

Trotzdem ist unabhängiger und kritischer Journalismus wichtig für die Web3-Branche. Denn er ist, per Definition, eine verlässliche Informationsquelle, die neutral berichtet und Orientierung auch für Brancheninsider bieten kann. Wie ein Spiegel können Outsider-Inhalte die Außenwahrnehmung der eigenen Branche offenbaren.

Nur Outsider-Inhalte verändern die öffentliche Wahrnehmung der Branche und tragen Informationen nach außen. Diese Inhalte sind die Grundlage für eine freie Meinungsbildung. Nur auf Basis verlässlicher Informationen können Personen mündig entscheiden, ob sie sich mit den Ideen und Konzepten des Web3 beschäftigen wollen oder nicht. Auch für Web3-Neulinge ist das wichtig, denn wenn offen über Hacks und Verwahrrisiken berichtet wird, nimmt das Angst und klärt auf.

Im Vergleich zu brancheninternen Inhalten haben Outsider-Inhalte einen weiteren Blick und können so Themen verknüpfen und Querverweise ziehen. Ihre Distanz kommt ihnen zugute. Zudem haben sie andere Anreize, Themen zu bearbeiten, als Insider-Medien. Ihr Maßstab ist nicht das Interesse der Blase, sondern sie fokussieren sich auf unterschiedliche Aspekte. Ein Lokalreporter berichtet über das Blockchain-Startup in der eigenen Stadt, Wirtschaftsjournalist:innen setzen hingegen die Branche ins Verhältnis zu anderen und der Kultursender beschäftigt sich mit dem Anspruch von NFT und wie sie den Kunstmarkt verändern. Verschiedene Journalist:innen wählen unterschiedliche Aspekte aus und bereiten sie anders auf.

Ohne Zweifel sind auch professionell arbeitende Journalist:innen nicht unfehlbar und auch Inhalte, die große Medienhäuser veröffentlichen, können unsorgfältig recherchiert oder nicht korrekt wiedergegeben sein. Ressourcen-Mangel, Zeitdruck und fehlende Anreize sind Feinde des Qualitätsjournalismus.




Fazit: Wofür braucht das Web3 Journalismus?

Journalistische Inhalte über das Web3 dienen Brancheninsidern indirekt. Die Medienprodukte spiegeln die öffentliche Wahrnehmung der Branche und prägen sie. Diese Outsider-Inhalte klären auf und kritisieren. Sie erfüllen damit die Kontrollfunktion des Journalismus und können mit konstruktiver Kritik neue Lösungsansätze anregen.

Journalist:innen von Outsider-Medien können sogar einen Teil dazu beitragen, das übergeordnete Ziel der Branche zu erfüllen: Menschen zu erreichen. Denn ohne Menschen wäre das Web3 nur eine blutleere Idee. Business-Cases umzusetzen ergibt nur Sinn, wenn sie genügend Nutzende finden.

Menschen zu erreichen, die noch keine Berührungspunkte mit Blockchain-Themen hatten, kann schwer sein, da es ein voraussetzungsvoller Bereich ist, der sich nicht selbst erschließt. Es braucht Erklärungen und Orientierung. Der Journalismus ist genau die richtige Instanz, um diesem Bedürfnis gerecht zu werden – in einer unabhängigen, vertrauenswürdigen und distanzierten Art.

Fast fertig!

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