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Kooperationen als besondere Form der Zusammenarbeit

In vielen Unternehmen und Start-ups wird Zusammenarbeit großgeschrieben. Was aber „Zusammenarbeit“ genau bedeutet, ist im Detail oftmals unklar. Um effektiv zusammenarbeiten zu können sollte man sich aber mit den Stufen der Zusammenarbeit befassen. In diesem Beitrag von Gastautor Ralf Hasford und mir geht es deshalb um die dritte Stufe der Zusammenarbeit, die Kooperation. Teil 4 einer fünfteiligen Serie.

Auch für Kooperationen als Form der Zusammenarbeit bleiben die Ziele von Marktplätzen und Kollaborationen im Rahmen einer Zusammenarbeit bestehen. Dazu verweisen wir auf Teil 2 und Teil 3 dieser Artikelserie. Kooperationen demgegenüber gründen sich jedoch ergänzend auf gemeinsame ethische Werte sowie strategische Ziele.

Doch Achtung: „Kooperativ sein“ ist ebenso häufig ein leeres Versprechen, wie die vollmündige Erklärung kooperative Verhaltensformen zeigen. Beides führt aber bei ‚Sonntagsreden‘ zu Beifall – das ist in der Arbeit im Unternehmen nicht anders als auch in der Gesellschaft. Kooperationen sind aber sehr häufig notwendig, um gewollte oder dringend notwendige Ziele zu erreichen.

Spätestens dann, wenn die eigenen Kompetenzen nicht ausreicht, so müssen verlässliche Partner:innen gefunden und verpflichtet werden. Noch wesentlicher wird es, wenn die zu verfolgenden Ziele im Verhältnis zur eigenen Organisation sehr groß oder vielleicht auch zu groß sind. Dann wird sogar der ansonsten im Wettbewerb Stehende zum möglichen Partner. Denn häufig ergibt sich nur einmal eine Chance und danach sind die Konstellationen nicht mehr gegeben. Betrachten wir zunächst, wo das der Fall sein könnte:

Kooperationen als Form der Zusammenarbeit (Beispiel 1)

Der Bau eines neuen Stadtviertels, eines neuen Logistikplatzes, einer Universität, ein Los aus mehreren Bahnbrücken, die Ausrüstung eines Schiffes steht an zur Vergabe.

In jedem der Fälle sollte eine Kooperation angestrebt werden, damit mehrere Unternehmen die entsprechenden Leistungen gemeinsam erbringen können. Denn für ein Anbieter allein ist so eine Unternehmung meist zu groß. Sogar wenn man selbst die notwendigen Kompetenzen, technischen Ausstattungen und Ressourcen aufbauen könnte, so darf dann die Vergabe nicht an jemanden anders gehen.

Die Kosten für die gebundenen Mittel währen zu hoch. Wenn dagegen eine kooperative Bietergemeinschaft – was das Konstrukt im anderen Falle sein könnte – den Zuschlag nicht bekommt, so gibt es meist ausreichend ‚andere Baustellen‘ oder Betätigungsfelder, die die freien Kapazitäten aufbrauchen.

Im Erfolgsfall werden aus diesen Bietergemeinschaften oft zur Minimierung der Haftung und Anfälligkeit, temporäre juristisch eigenständige Gesellschaften gebildet. Die ARGE (Arbeitsgemeinschaft) kann so ein Zusammenschluss von Unternehmen sein, die gemeinsam an einem Bauprojekt arbeiten.

Kooperationen als Form der Zusammenarbeit (Beispiel 2)

Die Expansion, zum Beispiel der Eintritt in einen neuen Markt.

Wenn das eigene Produkt mit einem Mal in ganz Europa vertrieben werden soll, statt in einem deutschen Bundesland, so ist es durchaus üblich, dass vereint mit einem Wettbewerber das Ziel umgesetzt wird. So eine Expansion bedeutet Skalierung. Die Ware oder Leistung muss in einer deutlich höheren Stückzahl verfügbar werden. Das bedeutet in Vorleistung gehen und entsprechende Kapazitäten bereit zu stellen.

So werden Produktionskapazitäten gebündelt, um die benötigten Stückzahlen sicherzustellen. Auch kann die Logistik von Kooperationspartnern einen entscheidenden Vorteil für den Einstieg in neue Märkte bieten. Wenn der Einstieg gelingt, werden dann häufig wieder andere Wege gewählt, denn die Risiken für die beteiligten Unternehmen sind nicht zu vernachlässigen.

Bei Lebensmitteln, chemischen Produkten, Automobilmarken, Dienstleistungen von Agenturen oder Verlagen uvm. sind solche zeitweisen Zusammenschlüsse häufiger zu finden. In beiden Beispielen sind zwei Formen der kooperativen Zusammenarbeit möglich:

  • Erhöhung der Kapazität durch Kooperation zweier gleichrangiger Wettbewerber die damit eine Skalierung der Produkte / Leistungen erreichen und / oder
  • Erweiterung der eigenen Kompetenzen durch das Einbringen von Kompetenzen eines ergänzenden Anbieters

Doch es gibt weitere Möglichkeiten, wie Kooperationen stattfinden können:

  • Risikoteilung: Unternehmen können zusammen das Risiko eines gemeinsamen Projektes minimieren.
  • Zugang zu neuen Märkten: Durch eine Kooperation mit einem Unternehmen, das bereits im Zielmarkt fertigt, können Unternehmen ihre Reichweite erhöhen und so Zugang zu neuen Märkten und Kundengruppen erhalten.
  • Synergieeffekte: Unternehmen können durch die Zusammenarbeit Synergieeffekte nutzen, indem sie ihre Ressourcen teilen, den Einkauf oder die Logistik bündeln.
  • Joint Ventures: Unternehmen können gemeinsame Unternehmen gründen, um bestimmte Projekte oder Geschäftsmöglichkeiten zu verfolgen.
  • Lizensierung: Unternehmen können sich gegenseitig Lizenzen für Patente, Technologien oder Marken geben, um ihre Angebote zu erweitern oder bestehende nicht ausgenutzte Kapazitäten auszulasten.

Soweit einige Beispiele für mögliche Formen der Kooperation zwischen Unternehmen und oder Organisationen. Die Wahl der richtigen Form hängt von den spezifischen Zielen, Ressourcen und Fähigkeiten der beteiligten Unternehmen ab.

Wofür eignet sich die Kooperation?

Einmaligen oder kurzfristigen Bedarf decken  –
Bereitstellen von Standard-Material / -Leistungen / -Teilprodukte  –/+
Fertigung Teile / Umsetzung Teilprojekte  –/+
Gemeinsame Entwicklung Projekt / Produkt / Komponente +
Gemeinsame Entwicklung Idee / Teil / Teilprojekt –/+
Sicherung / Weiterentwicklung Ideeller Werte bzw. monetärer Werte  –/+
Skalierung – Übergroßer Auftrag / neuer Markt (Auftragsfertigung) +
Dauerhafte Produktion / Leistung (Prozesse)  –/+
Leitungsfunktion / Unternehmen entwickeln 

Von Alpha bis Omega – an Verträgen kommt niemand vorbei

Wer mit jemand anderem in einer Kooperation zusammenarbeitet, bekennt sich damit zu ihm bzw. zu ihr. Hat die Partner:in einen anderen Qualitätsanspruch oder ist unzuverlässig, so färbt das schnell auf den anderen ab. Deshalb muss ein Partner gut ausgesucht sein. Bei der Kooperation mit Wettbewerbern besteht die Gefahr, dass Wissen abwandert oder Geschäftsgeheimnisse über Gebühr ausgenutzt werden. Daher ist es unablässig, dafür einen klärenden Vertrag zu haben. Ein Vertrag für eine kooperative Zusammenarbeit sollte folgende wichtige Punkte regeln:

  1. Ziele und Zweck der Zusammenarbeit definieren.
  2. Verantwortungen und Pflichten der Partner klar definieren, einschließlich der Verantwortung für bestimmte Aufgaben, Entscheidungen und Finanzen
  3. Rechte und Pflichten regeln, einschließlich des Zugangs zu Informationen, Technologie und Marken
  4. Finanzierung der Zusammenarbeit strukturieren, einschließlich der Verteilung der Kosten und Einnahmen
  5. Entscheidungsfindung einschließlich der Verantwortung für Entscheidungen und der Art der Abstimmung definieren
  6. Die zu erbringenden Lieferungen, Qualitäten und Leistungen, sowie die Verantwortung für Lieferverzögerungen oder -ausfälle
  7. Die Dauer der Zusammenarbeit einschließlich der Bedingungen für Verlängerung oder Beendigung
  8. Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen und vertraulichen Informationen
  9. Verfahren für die Beilegung von Streitigkeiten, auch für Schiedsverfahren und Gerichtsverfahren

Betrachten wir schließlich noch einzelne Elemente, die bei einer Kooperation eine Rolle spielen, und bewerten wir diese hinsichtlich ihres Stellenwerts in einer Kooperation:

Welche Referenzen des Anbieters bestimmen die Zusammenarbeit? Langfristige Verhandlung gehen dem Voraus
Was prägt den Auftrags-, Beschluss- und Berichtsweg? Gemeinsame Festlegung der Ziele / auch strategische Ziele wie Markterschließung o.ä. sind möglich
Wo sind die Ziele zur Auftragserfüllung festgehalten? Kommunikation, Hierarchie, Prozesse sind auf alle Kooperationspartner auszuweiten und zu harmonisieren.  Zumindest sind belastbare Schnittstellen einzurichten
Welche Freiheiten für eigenständiges Handeln gibt es? Bei der Kooperation nur soweit, wie abgestimmt und vertraglich vereinbart möglich
Ist es die schnellste Lösung? Meist langwierige Vertragsverhandlung
Ist es die bestmögliche Lösung? Für zeitlich begrenzte mittelfristige Aufgaben ist es eine Premium-Lösung. Ermöglicht hohen Qualitätsstandard
Ist es die kostengünstigste Lösung? Nein, vielmehr ist es teuer, da langfristige Vorbereitung notwendig. Auf der anderen Seite: der Aufbau eigener Kapazitäten würde mehr Kapazitäten und Ressourcen verbrauchen
Entstehen hochqualifizierte
Produkte / Leistungen?
Nur Langfristige Kostenvereinbarungen möglich
Ist eine breitgefächerte Auswahl von Alternativen möglich? Nein
Ist der Preis entscheidend? Nein
Besteht eine dauerhafte Bindung an den Auftraggeber / das Unternehmen?  Nein, Zeitraum vertraglichen an Bedingungen geknüpft
Ist ein „Erspüren“ versteckter Bedürfnisse durch den Auftragnehmer notwendig bzw. ein Argument? Nein, vielmehr bedarf es einer Schiedsstelle
Kann eine Nachverhandlungen bei unvorhersehbaren Änderungen / Korrektur von Termin, Qualität oder Stückzahlen erfolgen? Qualitätsmanagement im Rahmen der Vereinbarungen
… wird durch Dritte erfüllt. Unwahrscheinlich, ein Hinzuziehen oder Einbinden von Dritten muss zuvor vertraglich vereinbart werden.
Termin / Zeitrahmen Nur laut Vertragsrahmen
Quantität (Stückzahl) Nur laut Vertragsrahmen
Qualität (Wiederholbarkeit) Sehr verlässlich
Welchen monetären Wert hat die Zusammenarbeit? Von Zusatzgeschäft bis vollkommene Auslastung.
Welchen monetären Anteil am Erlös hat die Zusammenarbeit? Zu 100% – Bedarf wird nur in der Laufzeit des Vertrags gedeckt
Wie hoch kann der Schwierigkeitsgrad der Leistungserbringung sein? Nur wenn der Auf- oder Ausbau im eigenen Unternehmen zu teuer oder zu langsam erfolgen könnte / Das Risiko der Wissensabwanderung und des Vertrauensbruchs besteht
Ressourcenverfügbarkeit Nur im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung
Höhe der Kosten für Leistung vs. Endpreis bzw. zum Gewinn  Nur im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung – siehe auch Risiko
Einzelleistung im Verhältnis zum Jahresvolumen des Anbieters Gemeinsame Ziel- und Budgetvereinbarung notwendig
Sollte 30% nicht überschreiten – juristisch im Vorfeld absichern
Forderung nach Verfügbarkeit
(z.B. durch Endkunden)
Schwierige Vereinbarungen; Umfang der Arbeiten und Projektführerschaft muss zuvor vereinbart sein
Standort Anbieter / Endkunde Schwierige Vereinbarungen; Umfang der Arbeiten und Projektführerschaft muss zuvor vereinbart sein
Herrschende Kultur in der Branche Schwierige Vereinbarungen; Umfang der Arbeiten und Projektführerschaft muss zuvor vereinbart sein. 
Unterschiede in Kulturfragen werden bei allen Meetings und an allen Übergabepunkten immer wieder sichtbar
Nutzungs- und Eigentumsrechte Verhandlungssache. Sollten vor Beginn vertraglich vereinbart werden
Erwähnung, mediale Beteiligung bzw. Berichterstattung über Endprodukt / Leistungserbringung Kommunikation und Verwertungsrechte sollen im Voraus vertraglich geregelt werden

Über Ralf Hasford: Ralf Hasford ist systemischer Moderator im Bereich Strategie- & Organisationsentwicklung, Zusammenarbeit und Entscheidungsfindung. Seit über zehn Jahren liegt sein Fokus auf der erfolgreichen Kommunikation zwischen Menschen.

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