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Die blauen Wolken des Neptuns sind verschwunden – das ist der Grund

In einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung gab ein Forschungsteam der Berkeley-Universität im US-Bundesstaat Kalifornien eine unerwartete Neuigkeit über den Planeten Neptun bekannt. Ein ausführlicherer Artikel zum Thema wird in der (online bereits verfügbaren) Novemberausgabe der Zeitschrift Icarus erscheinen.




Forscher analysieren Bilddaten aus 30 Jahren

Danach fanden die Forscher:innen bei der Untersuchung von zwischen 1994 und 2022 aufgenommenen Bildern ein seltsames Muster, das im Jahr 2019 begonnen hatte. Zuerst betraf es nur die mittleren Breitengrade des Neptuns, dann weitete es sich über den gesamten Planeten aus.

Zunächst sehr langsam, dann immer schneller verschwanden die azurblauen Wolken des Planeten vollständig. Imke de Pater, emeritierte Professorin für Astronomie an der Berkeley-Universität und Hauptautorin der Studie über die Ergebnisse der Untersuchung zeigt sich „überrascht, wie schnell die Wolken auf dem Neptun verschwanden“. Innerhalb weniger Monate sei die Wolkenaktivität gegen null gesunken.

Ende 2019 wurde eine dramatische Veränderung im Erscheinungsbild des Neptun beobachtet, die bis Juni 2023 anhielt. Wie diese Zusammenstellung von Bildern bei 1,63 µm (Mikrometer) zeigt, die mit dem NIRC2 und der adaptiven Optik des Keck-II-Teleskops aufgenommen wurden, wies Neptun von vor 2002 bis Ende 2019 zahlreiche Wolkenmerkmale auf, die in Breitengraden angeordnet waren. Danach erschienen die Wolken fast nicht mehr, außer in der Nähe des Südpols. (Quelle: Imke de Pater, Erandi Chavez, Erin Redwing (UC Berkeley)/W. M. Keck Observatorium)

Bei näherem Hinsehen zeigte sich, dass das Verschwinden der Neptun-Wolken untrennbar mit dem Verhalten unserer Sonne während ihres 11-jährigen Aktivitätszyklus verbunden ist. Innerhalb dieser elf Jahre kehren sich die Pole der Sonne um – der Nord- wird zum Südpol und umgekehrt.

Diese Veränderung der Magnetfelder unseres Wirtssterns bleibt nicht folgenlos. Aufgrund von Magnetfeldveränderungen kommt es beispielsweise zu einer erhöhten Anzahl und höheren Intensität sogenannter Sonneneruptionen (Flares) führen, bei denen es sich um unglaublich starke Strahlungsausbrüche in den Weltraum handelt.

Diese Flares können so stark sein, dass sie Satelliten in der Erdumlaufbahn stören. Oft sind sie mit riesigen Eruptionen von Sonnenplasma verbunden, die als koronale Massenauswürfe bekannt sind. Auf der Erde können dann so viele geladene Teilchen aufprallen, dass es zu vorübergehenden Mini-Störungen in den Kommunikationsleitungen kommt.

Denn trotz ihrer von der Erde aus betrachteten homogenen Optik ist die Sonne kein glühend heißer Planeten, sondern bloß ein riesiger, kugelförmiger Ozean aus geladenen Teilchen, die als Plasma bezeichnet werden.




UV-Strahlung unseres Sternes überflutet Sonnensystem

Bezogen auf die neuesten Erkenntnisse zum Neptun ist es wohl eher ein anderes Phänomen, das indes ebenfalls durch die Magnetfeldänderungen entsteht. So sendet die Sonne eine Menge ultravioletter Strahlung aus, die den Rest des Sonnensystems in Anbetracht der enormen Masse der Sonne regelrecht „überflutet“. Das gilt offenbar auch für den Neptun, obwohl der etwa 4,5 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt liegt.

Für ihre Untersuchungen nutzten die Forscher:innen Bilder des Planeten aus rund 30 Jahren, die vom Hubble-Weltraumteleskop der US-Raumfahrtbehörde Nasa, des W. M. Keck-Observatoriums auf Hawaii und einigen anderen.




Eindeutig: Sonnenzyklus beeinflusst Wolkendecke

Dabei stellten sie einen klaren Zusammenhang zwischen der Anzahl der Wolken auf dem Neptun und dem Zeitpunkt, an dem sich der Sonnenzyklus unserer Sonne befindet, fest. So soll etwa zwei Jahre nach dem Höhepunkt des Zyklus – also dem Hauptereignis der Magnetfeldumkehr – eine solide Wolkenbedeckung des Neptun feststellbar gewesen sein.

Erst nach diesem Höhepunkt schienen sich die Wolken aufzulösen. Die Forschenden vermuten, dass die UV-Strahlung der Sonne – die am stärksten ist, wenn der Sonnenhöchststand erreicht ist – eine photochemische Reaktion auslöst, die durch die Absorption von Energie in Form von Licht ausgelöst wird und die dann die Wolkendecke des Neptuns erzeugt.




Wolkenstatus immer noch nicht im Ausgangszustand

„Diese bemerkenswerten Daten liefern uns den bisher stärksten Beweis dafür, dass Neptuns Wolkenbedeckung mit dem Sonnenzyklus korreliert“, so de Pater. Zudem schien der Neptun umso heller zu sein schien, je mehr Wolken sich darauf befanden, weil das Sonnenlicht von diesen Wolken stärker reflektiert wurde.

„Selbst jetzt, vier Jahre später, zeigen die jüngsten Bilder, die wir im Juni dieses Jahres aufgenommen haben, dass die Wolken noch immer nicht zu ihrem früheren Niveau zurückgekehrt sind“, erklärt Erandi Chavez, Doktorand am gemeinsamen Zentrum für Astrophysik der Harvard-Universitäts und des Smithsonian-Instituts.




Moderne Observatorien zeigen ihre Nützlichkeit

Auch ohne eigene Expertise ist es für jedermann möglich, die beschriebenen Veränderungen auf den vom Team zur Verfügung gestellten Bildern deutlich zu erkennen. Das verdanken wir der Verfügbarkeit von Observatorien wie dem Keck-Observatorium und dem Hubble-Weltraumteleskop.

„Es ist faszinierend, mit Teleskopen auf der Erde das Klima einer Welt zu untersuchen, die mehr als 2,5 Milliarden Kilometer von uns entfernt ist“, so Carlos Alvarez, Astronom am Keck-Observatorium und Mitautor der Studie.




Beobachtung verifiziert sich

In Zukunft werden Alvarez und seine Kollegen die Wolkenaktivität des Neptuns weiter beobachten, um festzustellen, wann die zuvor beobachteten Erscheinungen wieder auftreten. Tatsächlich konnten sie in den vergangenen Jahren mit dem Zunehmen der UV-Strahlung der Sonne bereits ein Wiederaufleben der Wolken beobachten.

„Auf den jüngsten Keck-Bildern, die zur gleichen Zeit aufgenommen wurden, als das James-Webb-Weltraumteleskop der NASA den Planeten beobachtete, haben wir mehr Wolken gesehen“, so de Pater. „Diese Wolken waren insbesondere in nördlichen Breiten und in großen Höhen zu sehen, wie aufgrund des beobachteten Anstiegs des solaren UV-Flusses in den letzten etwa zwei Jahren zu erwarten war.“

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