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KI als Gamechanger im Handel – Mitarbeiter erheben schwere Vorwürfe

Die regelmäßige Hausmesse Summer Editions sollte bei Shop-Lösungs-Anbieter Shopify in diesem Jahr verstärkt unter dem KI-Stern stehen, denn auch Shopify setzt wie so ziemlich jedes andere Unternehmen der Digitalwirtschaft in diesem Jahr auf generative KI als Mittel zur Effizienzsteigerung. So kündigte das E-Commerce-Unternehmen eine erweiterte Reihe von Funktionen unter Shopify Magic an, Shopifys Sammelbegriff für generative KI.

Neu ist vor allem Sidekick, ein KI-gesteuerter Assistent für die Händler:innen, „der ihre Produktivität, Kreativität und Leistungsfähigkeit maßgeblich verbessert“, wie es in der offiziellen Ankündigung heißt. Mit Sidekick wird eine Lösung zur Optimierung von Geschäftsprozessen in die bereits bekannte Shopify Magic Suite integriert.

Die Shop-Betreiber:innen sollen so in die Lage versetzt werden, mit der KI wie mit einem Operator zu agieren und die für das eigene Geschäft relevanten Informationen abzurufen, die sich an Konversationshistorie und Shop-Richtlinien orientieren. Darüber hinaus kann Sidekick auch konkrete Änderungen am Onlineshop vornehmen. Der KI-Assistent greift dabei sowohl auf die Daten des Shopify-Universums als auch auf bereits erprobte KI-Technologie zurück. Zunächst wird der KI-Assistent in einer Early-Access-Variante zur Verfügung stehen, soll aber sukzessive um weitere Funktionen ergänzt werden.

Das Unternehmen sieht den KI-Assistenten als Gamechanger: „Für uns ist Sidekick ein weiterer wichtiger Meilenstein im Hinblick auf unseren Anspruch: Handel immer und überall, so einfach und flexibel wie möglich“, kommentiert Birk Angermann, Head of Revenue EMEA bei Shopify.




KI bei Shopify soll vieles für Händler vereinfachen

Einige Neuerungen bei Shopify Magic sollen die Arbeit für die Shop-Betreiber:innen vereinfachen. So lassen sich nun personalisierte FAQ und Empfehlungen für benutzerdefinierte Antworten erstellen, sodass sich die Händler:innen Zeit und Aufwand bei der Beantwortung von Kund:innenanfragen sparen. Auch beim Texten und Generieren von Mailings und Newslettern soll die Lösung unterstützen. Dabei errechnet Shopify Magic sogar den optimalen Versandzeitpunkt vor, um die Performance zu optimieren.

Zum Einsatz kommt dabei eine Kombination aus proprietären Shopify-Daten, einschließlich Geschäftsdaten von Händlern, die mit verfügbaren großen Sprachmodellen (LLM) wie ChatGPT von OpenAI angetrieben werden. Weitere Features zur Unterstützung von Shopify-Händlern sind die Marketplace-Connector-App, mit der nahtlose Schnittstellen zu großen Onlinemarktplätzen wie Amazon und Ebay geschaffen werden, sowie Tools zur Vereinfachung des Checkouts für Konsument:innen.




Marketplace Connect für übergreifende Verkaufsstrategie

Beim Ausbau des eigenen Geschäfts wird eine ganzheitliche und übergreifende Verkaufsstrategie für alle Händler:innen immer wichtiger. Dazu gehört die Verknüpfung der eigenen Onlinepräsenz mit großen und bekannten Onlinemarktplätzen. Shopify verbessert mit Marketplace Connect seine bestehenden Möglichkeiten, Schnittstellen zu Marktplätzen wie Amazon und Ebay herzustellen. Damit können Händler:innen mit minimalem Aufwand ihre Geschäftsprozesse – zum Beispiel die Abwicklung von Bestellungen, Inventurprüfung etc. – gebündelt organisieren.

Shopify Marketplace Connect ist ab sofort als App verfügbar, von der jede Bestellung direkt aus Shopify heraus verwaltet und abgewickelt werden kann – weltweit. Die All-in-One-Lösung ermöglicht es Händler:innen, Millionen neuer Kund:innen zu erreichen und die Geschäftsabläufe zu optimieren.

Besonderes Augenmerk legen Händler:innen seit jeher auf den Checkout-Prozess. Denn in der Kassenzone entscheidet sich oftmals noch, ob die Conversion wirklich so gut ist wie erhofft. Mit insgesamt 17 neuen API-Schnittstellen und Updates will Shopify es den Shop-Betreiber:innen ermöglichen, ihren Checkout mit Blick auf die Kund:innenzufriedenheit zu vereinfachen und diesen individueller zu gestalten.




Mitarbeitende kritisieren KI-Servicepolitik von Shopify

Doch so sehr das Unternehmen für seine Kund:innen auf KI setzt, so argwöhnisch sehen das die eigenen Shopify-Mitarbeitenden, auch im Hinblick auf die Kund:innenzufriedenheit. In einem weltweit wahrgenommenen Twitter-Thread hat ein anonymer Mitarbeitender offenbar seine Schweigepflicht verletzt und erhebt Vorwürfe gegen das Unternehmen.

Man habe entgegen getroffener Zusagen das weltweite Kundenservice-Team in den USA, Kanada und Irland abgebaut, um es durch KI-Chatbots zu ersetzen – und das mit weitreichenden negativen Folgen für die Shop-Betreiber:innen auf der Plattform.

Liest man die eingangs genannten Features und Möglichkeiten, die die Shopify-Plattform hier bietet, klingt das unter dem Gesichtspunkt der Effizienzsteigerung durchaus plausibel, hinterlässt dennoch einen faden Beigeschmack. Denn einerseits hatte das Unternehmen Anfang 2022 noch betont, dass die Jobs der in einer Vollversammlung anwesenden Mitarbeitenden sicher seien, allerdings im Sommer vor einem Jahr dennoch Kündigungen ausgesprochen (hier 2022 und hier 2023).

Es habe sich gezeigt, so der anonyme Mitarbeitende unter dem Pseudonym Joe Momma, dass „Vollzeitkräfte durch billige Leiharbeit und KI-Unterstützung ersetzt“ werden. In der Tat hatte CEO Tobias Lütke bereits Anfang des Jahres eine Grafik geteilt, in der klar wurde, dass Unternehmen in Zukunft dank KI immer weniger Angestellte benötigen werden, um eine Million US-Dollar zu erwirtschaften.




Vorwürfe gegen Lütke: Menschen nur als Ressource betrachtet

Dass die Geister, die die Unternehmen (ja nicht nur Shopify) hier rufen, zumindest kurzfristig zu Personalabbau und Leiharbeit führen, überrascht wohl wenige, doch der Whistleblower prangert auch an, die Händler:innenzufriedenheit habe sich dadurch verschlechtert, da Shopify am Service spare.

Wie sich das auf die verbleibenden Mitarbeitenden und auch auf die Händler:innen auswirkt, führt der Whistleblower recht schlüssig und sachlich aus: „Ein Händler, der mit dem Shopify-Support sprechen möchte (was einst eines der Hauptverkaufsargumente von Shopify war), kann nun stundenlang warten. Und wenn er endlich einen Menschen erreicht, spricht er entweder mit jemandem, der überlastet und ausgebrannt ist, oder der das Produkt nicht vollständig versteht und auch nicht verstehen muss. (Dieser Arbeitnehmer stempelt für seine schlecht bezahlte Schicht ein und stempelt dann wieder aus.)“

Letztlich erhebt der Whistleblower aber vor allem Vorwürfe gegen das Führungsteam und vor allem gegen CEO Lütke. „Den Mitarbeitern und Kunden dämmert, dass Tobi Lütke sie nicht als Menschen betrachtet, sondern als eine Ressource, die genutzt oder dem Markt geopfert wird. Die Mitarbeiter haben dem Versprechen des Shopify-Präsidenten Harley Finkelstein zugehört, dass es keine weiteren Entlassungen geben würde, während sie entsetzt zusahen, wie Shopify weiterhin still und heimlich Mitarbeiter entlässt.“

Natürlich haben wir Shopify mit der Berichterstattung konfrontiert und werden den Artikel gegebenenfalls um ein Statement ergänzen, das offenbar dazu erst aus den USA eingeholt werden muss.

Wenn aber Shopifys oberster KI-Produktmanager Miqdad Jaffer gegenüber Techcrunch von „viel ungenutztem Potenzial für KI und Unternehmer“ spricht, dann klingt die Aussage, man sei „fest entschlossen, die Macht der KI für Unternehmen jeder Größe zugänglich zu machen“, nicht unbedingt erfreulich für die verbleibenden Mitarbeitenden und zumindest kurzfristig auch nach Reibungsverlusten für die Shop-Betreiber:innen.

Denn die sind ja, wenn sie sich einmal für Shopify als Shop-Lösung entschieden haben, technisch gesehen langfristig daran gebunden. Hierfür wird es wichtig sein, zu erkennen, ob das Serviceversprechen seitens des Unternehmens in der erhofften und gewohnten Form eingehalten wird.

Fast fertig!

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